Das wesentliche Kennzeichen einer Spezifischen Phobie ist eine ausgeprägte und andauernde Angst vor klar erkennbaren, eng umschriebenen Objekten oder Situationen. Ausgehend vom Inhalt einer spezifischen Phobie, unterscheidet man zwischen einem Tier-Typus, einem Umwelt-Typus, einem Blut-Spritzen-Verletzungs-Typus, einem Situativen Typus und vielen anderen mehr. Die gefürchteten Situationen werden vermieden. Spezifische Phobien können durch kognitiv-verhaltenstherapeutische Methoden behoben werden.
Angst vor klar erkennbaren, eng umschriebenen Objekten oder Situationen
Eine spezifische Phobie ist eine unbegründete oder übermäßige Angst vor einem bestimmten Objekt oder einer spezifischen Situation. Menschen, die an einer spezifischen Phobie leiden, zeigen extrem heftige Angstreaktionen, die sich zu regelrechten Panikattacken entwickeln können, wenn sie mit diesem Objekt oder dieser Situation konfrontiert werden. Dabei wissen sie genau, dass ihre Angst unbegründet oder übermäßig ist, bringen es jedoch nicht fertig sich ihr zu stellen und sie zu überwinden.
In den meisten Fällen kommt dieser Angst keine weitere Bedeutung zu. Gewiss, Betroffene müssen in Kauf nehmen, dass andere Menschen sie auslachen oder sie deswegen manchmal nicht für ganz voll nehmen. Aber damit hat es sich auch schon: Angst vor Spinnen oder Schlangen, Angst vor Fahrstühlen oder anderen engen, geschlossenen Räumen, Angst vor Blut oder Angst vor Donner und Blitz sind in der Regel kein größeres Problem. Begegnungen mit vielen von diesen Objekten oder Situationen sind äußerst selten, und zudem kann man ihnen in den meisten Fällen aus dem Weg gehen. Spezifische Phobien können jedoch auch hinderlich sein und sich störend auf die Lebensqualität auswirken. So müssen Leute mit einer ausgeprägten Klaustrophobie meist auf Kino, Theater oder Konzert verzichten. Menschen, die Angst davor haben, einen Wagen zu steuern, sind auf öffentliche Verkehrsmittel oder auf die Hilfe von anderen Menschen angewiesen. Zum ganz großen Problem aber werden spezifische Phobien erst dann, wenn sich die gefürchteten Objekte oder Situationen nicht mehr vermeiden lassen.
In den derzeitigen Klassifikationssystemen werden die spezifischen Phobien in 5 Typen gegliedert: Tier-Typus, Umwelt-Typus, Blut-Spritzen-Verletzungs-Typus, Situativer Typus und anderer Typus (zum Beispiel Angst, sich vor anderen Leuten zu erbrechen; Angst, anderen beim Erbrechen zusehen zu müssen).
Zahlen zur Spezifischen Phobie
Spezifische Phobien sind sehr häufig. Die meisten davon sind häufiger bei Frauen als bei Männern. Viele Phobien, insbesondere Phobien vom Tier-Typus und vom Umwelt-Typus, entwickeln sich in der Kindheit.
Ursachen der Spezifischen Phobie
Phobien verschwinden oft spontan während der Adoleszenz oder zu Beginn des Erwachsenenalters, sie können sich jedoch auch im Laufe des Lebens verschlimmern und/oder chronisch werden. Spezifische Phobien können in der Folge eines Schocks oder eines unglücklichen Erlebnisses auftreten. Andererseits bleibt die Suche nach einer Ursache auch oft erfolglos.
Mögliche Folgen einer Spezifischen Phobie
Direkte Komplikationen sind eher selten, sekundäre Komplikationen umso häufiger. Eine Spinnenphobie (Tier-Typus) wird zum Problem, wenn man von der Stadt aufs Land zieht und ein Zusammenleben mit Spinnen unausweichlich wird, oder wenn die Angst vor einer Spinne im Wagen zu einem Unfall führen kann. Angst vor Höhen (Umwelt-Typus) ist unvereinbar mit einem Arbeitsplatz in einem Hochhaus. Flugangst (Situativer Typus) wird zum Problem, wenn Kinder oder andere nahe Verwandte nach Übersee ziehen oder wenn man aus beruflichen Gründen zu Meetings und Kongressen oder studienhalber zur Ausbildung oder Fortbildung in ein fernes Land will oder muss. Angst vor Spritzen oder Blut (But-Spritzen-Verletzungs- Typus) wird zum Problem, wenn sich eine Blutprobe, eine Impfung oder ein Besuch beim Zahnarzt nicht mehr vermeiden lässt oder wenn Betroffene einen Beruf aus dem Bereich der Medizin ergreifen wollen. Angst zu erbrechen oder/und Angst zu sehen, wie andere sich erbrechen (Anderer Typus) wird zum Problem, wenn sie Menschen daran hindert in einen Bus zu steigen oder einem Kind zu helfen, das eine Magengrippe hat.
Von spezifischen Phobien zu phobischen Störungen
Angst vor Spinnen und andere Tier-Phobien werden zum Problem,
wenn sich das gefürchtete Tier nicht mehr vermeiden lässt
… weil man von der Stadt auf das Land zieht
… weil man in ein tropisches Land will (muss)
… weil der Nachbar solche Tiere im Haus hält
Höhenangst und andere Umwelt-/Natur-Phobien werden zum Problem,
wenn sich Höhen nicht mehr vermeiden lassen
… weil der Beruf das mit sich bringt
… weil sich das neue Büro im 10. Stock befindet
… weil man über Brücken gehen/fahren muss
… weil man über einen Pass muss
Fliegen und andere situative Phobien werden zum Problem,
wenn sich Reisen im Flugzeug nicht mehr vermeiden lassen
… weil der Beruf das mit sich bringt
… weil die Kinder/Eltern nach Übersee auswandern
… weil man unbedingt in ferne Länder reisen will
Blut-Spritzen-Verletzungs-Phobien werden zum Problem,
wenn sich die Konfrontation mit Blut nicht mehr vermeiden lässt
… weil der Beruf das mit sich bringt (Medizin, Pflegebereich)
… weil man Zahnschmerzen/Karies hat
… weil man eine Impfung braucht
… weil man eine Blutprobe machen muss
Angst sich zu erbrechen und andere Phobien werden zum Problem,
wenn sich Erbrechen/Erbrochenes nicht mehr vermeiden lässt
… weil man schwanger ist
… weil man kleine Kinder hat
… weil man eine (Magen-) Grippe hat
… weil man sich einer Chemotherapie unterziehen muss
Typen von spezifischen Phobien
Die meisten spezifischen Phobien lassen sich in einen von drei Typen einreihen: Tier-Typus, Umwelt-/Natur- Typus und Situativer Typus.
Tierphobien
Phobien des Tier-Typus umfassen alle übertriebenen oder unbegründeten Ängste vor Tieren. Tierphobien sind die häufigsten spezifischen Phobien, allen voran die Angst vor Spinnen, vor Schlangen und vor Mäusen. Nicht selten ist ebenfalls die Angst vor Hunden oder Katzen, Hühnern oder Gänsen, Pferden oder Eseln, und anderen Haustieren. In den meisten Fällen entwickeln sich diese Phobien im frühen Kindesalter. Sie sind oft auf ein unglückliches Erlebnis mit einem dieser Tiere zurückzuführen: Das Kind ist von einem Hund gebissen, von einer Katze gekratzt, von einem Pferd getreten, von einer Gans gekniffen worden. Ein Kind kann von einem anderen Kind erschreckt worden sein, das ihm eine Spinne ins Unterhemd oder einen Frosch in den Schulranzen gesteckt hat. Die Angst vor Tieren lässt sich jedoch nicht in allen Fällen mit einem solchen Erlebnis in Verbindung bringen. Dies gilt insbesondere für die äußerst verbreitete Angst vor Schlangen, die möglicherweise mit einer primitiven, angeborenen Urangst vor Schlangen zusammenhängt.
Natur-/Umwelt-Phobien
Phobien des Umwelt- oder Natur-Typus beziehen sich auf übertriebene oder unbegründete Ängste vor der Umwelt. Die häufigste Umwelt-Phobie ist die Höhenangst, gefolgt von der Angst, neben Wasser (Flüsse, Teiche, Swimmingpool) zu stehen oder zu gehen, und der Angst vor Gewittern (Donner und/oder Blitz). Auch diese Ängste können mit einem frühkindlichen Erlebnis in Verbindung stehen. Anderseits können verschiedene Umweltphobien wie zum Beispiel die Höhenangst oder die Angst an einem Fluss entlangzugehen gelegentlich auch auf eine Störung der Wahrnehmung, bedingt zum Beispiel durch eine Störung des Gleichgewichtsorgans im Innenohr, zurückführbar sein.
Situative Phobien
Zu den häufigsten situativen Phobien gehören die Flugangst und die Angst vor Fahrstühlen. Aber auch die Angst vor (anderen) engen, geschlossenen oder fensterlosen Räumen bereitet unzähligen Menschen immer wieder Probleme. Zwischen 15 und 20 % der Patienten, die sich einer Kernspintomographie unterziehen müssen, stehen diese an sich harmlose Untersuchung nur nach Einnahme einer hohen Dosis an Beruhigungsmitteln oder sogar erst unter Vollnarkose durch. Bei den situativen Phobien spielen nicht nur frühkindliche Erlebnisse oft eine Rolle, sondern auch Erlebnisse irgendwann im Lauf des Lebens. Manche Betroffene sind stundenlang in einem Fahrstuhl stecken geblieben, andere waren in einem Flugzeug, das in heftige Turbulenzen geraten oder in ein Luftloch gefallen ist, oder eine Notlandung machen musste, wieder andere waren längere Zeit in einem kleinen Raum eingeschlossen, bevor sie jemand hörte und befreite.
Es wird heute davon ausgegangen, dass es sich bei Tier-Typus, Umwelt-Typus und situativen Phobien oft um durch klassische Konditionierung erlernte Ängste handelt. Dabei wird eine an sich neutrale Situation, zum Beispiel das Fahren in einem Fahrstuhl, mit dem Angst erregenden Erlebnis „stundenlanges Steckenbleiben“ verknüpft. Der Gedanke an eine neue Fahrt im Fahrstuhl löst von nun an eine Angstreaktion aus, die dazu führt, dass manche Betroffene sich nicht mehr in einen Fahrstuhl reintrauen. Je mehr und je länger sie daraufhin jede Fahrt in einem Fahrstuhl meiden, desto stärker und verbissener wird ihre Angst werden. In vielen Fällen werden sie dann erst unter fachmännischer Begleitung wieder lernen müssen, dass sie keine Angst in einem Fahrstuhl haben müssen.
Blut-Spritzen-Verletzungsphobie
Die Angst vor Blut, Spritzen oder Verletzungen, die Angst vorm Erbrechen und die Angst vorm Erröten sind „etwas andere“ Phobien.
Sich Blut abnehmen lassen, zusehen, wie eine Wunde zugenäht wird, sich im Spiegel sehen, wenn man eine Platzwunde am Kopf hat, zum Zahnarzt gehen, all das und Ähnliches mehr ist nicht jedermanns Sache. Endoskopien, Spritzen, Punktionen und all die anderen Untersuchungen, die man an seinem Körper über sich ergehen lassen muss, wenn man krank ist, sind für niemanden angenehm (außer vielleicht für eingefleischte Masochisten). So unangenehm all dies auch sein mag, die meisten Menschen kommen damit klar. Was aber nun, wenn man schon beim Anblick einer Spritze in Ohnmacht fällt? Was, wenn man Zeuge eines Unfalls wird und, anstatt zu helfen, selbst die Besinnung verliert? Was, wenn man lieber mit schwarzen Zähnen, Karies und üblem Mundgeruch herumgeht als das Risiko einzugehen, beim leisesten Bohren weg vom Fenster zu sein? Etwa 10 % der Bevölkerung leidet an einer krankhaften, übermäßigen Angst vor Blut, Spritzen und Verletzungen – einem besonderen Typus von spezifischer Phobie, bei der Betroffene bei einer Konfrontation mit dem Objekt ihrer Phobie in Ohnmacht fallen! Eine solche Phobie hat nicht nur mit Angst zu tun, sondern offensichtlich auch mit einer Fehlregulation des autonomen Nervensystems. Während bei anderen Phobien der Blutdruck bei der Konfrontation mit einem bestimmten Stimulus üblicherweise steigt, fällt er abrupt, wenn Menschen mit einer Blutphobie mit Spritzen, Verletzungen oder Blut konfrontiert werden. Diese Feststellung führt denn auch zu einer etwas anderen Behandlung der Blutphobie.
Emetophobie
Eine etwas andere Phobie ist auch die Angst sich zu erbrechen, sich vor anderen Leuten zu erbrechen, dabei zu sein, wenn andere sich erbrechen, oder mit dem Erbrochenen anderer Leute konfrontiert zu werden. Diese Art von Phobie nennt man Emetophobie. Menschen, die an einer Emetophobie leiden, empfinden nicht nur Ekel vor dem Erbrechen, sondern haben eine irrationale, unüberwindbare, oft panikartige Angst davor. Menschen, die an einer Emetophobie leiden, fühlen sich hilflos, wie gelähmt, wenn andere Menschen sich erbrechen. Sie bringen es nicht fertig, ihre Angst zu überwinden und Leuten beizustehen, die erbrechen, nicht einmal ihren eigenen Kindern. Sie gehen jeglicher Gelegenheit sich zu erbrechen oder Erbrochenes zu sehen geflissentlich aus dem Weg und entwickeln ein Vermeidungsverhalten, das extreme Ausmaße annehmen kann. Sie weigern sich im Bus oder mit der Bahn zu fahren, weil sie befürchten, es könne ihnen während der Fahrt schlecht werden und sie müssten sich vor den Mitfahrern übergeben. Aus demselben Grund meiden sie große Geschäfte, Kinos, Theater. Andererseits meiden sie auch den Kontakt mit anderen Leuten, weil sie befürchten sich mit einem Krankheitserreger anzustecken, der zu Erbrechen führen könnte. Sie verzichten oft auf alle möglichen Nahrungsmittel, von denen es ihnen einmal schlecht wurde oder von denen es ihnen einmal schlecht werden könnte. In extremen Fällen verlassen Betroffene kaum noch ihre Wohnung und ernähren sich nur noch von einigen wenigen Nahrungsmitteln. Die Behandlung der Emetophobie beruht hauptsächlich auf kognitiv-verhaltenstherapeutischen Ansätzen bei einem mit dieser Form von Phobie vertrauten Psychotherapeuten.
Erythrophobie
Um eine weitere, etwas andere Phobie handelt es sich auch bei der Erythrophobie oder Angst, vor anderen Menschen zu erröten. Rot werden ist eine an sich normale Körperreaktion, die durch ganz unterschiedliche Faktoren (Stress, Hitze, Alkohol, Fieber, Freude, Zorn oder andere heftige Emotionen) hervorgerufen werden kann. Der Blutdruck steigt, die Blutgefäße im Gesicht erweitern sich, die Haut wird rot. Angst vor Erröten ist hingegen eine anormale, andauernde Angst, in allen nur denkbaren sozialen Situationen rot anzulaufen und nichts dagegen tun zu können. Eine Erythrophobie ist meist im Rahmen einer Sozialen Phobie anzutreffen und wird auch in diesem Zusammenhang behandelt, bedarf jedoch zusätzlicher Therapieansätze, die auf jeden Einzelnen abgestimmt sind. Ohne erfolgreiche Behandlung kann sie zum Vermeiden sozialer Situationen, zu Alkohol- oder Medikamentenmissbrauch und schließlich zu sozialer Isolation führen.
Was ist eine Angststörung
Angststörungen sind psychische Krankheiten, bei denen Menschen unter ausgeprägten und anhaltenden Ängsten leiden die jedoch unbegründet oder übertrieben sind. Die Ängste verursachen bedeutsames Leiden oder führen zu deutlichen Beeinträchtigungen im täglichen Leben...
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Welche Angststörungen gibt es?
Es gibt verschiedene Arten von Angststörungen, die durch unterschiedliche Symptome gekennzeichnet sind, unterschiedlich häufig auftreten und häufig auch einen unterschiedlichen Verlauf nehmen...
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Wie werden Angststörungen behandelt?
Heutzutage können Angststörungen im Rahmen einer Psychotherapie gut behandelt werden. Neben der Psychotherapie können je nach Krankheitsbild außerdem Medikamente angezeigt sein...
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Was können Angehörige tun?
Ebenso wie andere psychische Erkrankungen werden Angststörungen von der Öffentlichkeit wenig wahrgenommen und aus Unkenntnis oft missverstanden. Wie alle kranken Menschen benötigen auch an einer Angststörung erkrankte Personen von ihrer Umgebung Verständnis und Unterstützung...
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